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Thema des Tages
Ausgegeben vom Deutschen Wetterdienst. Neueste Meldung oben

Wetter aktuell
Ruhiges Altweibersommerwetter - aber nicht überall...


Während bei uns in Deutschland aktuell ruhiges Altweibersommerwetter
vorherrscht, geht es in anderen Regionen Europas ordentlich zur
Sache. Mehr dazu im heutigen Thema des Tages.


ROSI heißt das Hochdruckgebiet, dass uns derzeit das ruhige und
zumeist sonnenscheinreiche Wetter in Deutschland beschert. Alles
andere als ruhig geht es aktuell aber über den Britischen Inseln zu.
Sturmtief KILIAN, auf internationalem Parkett unter dem Namen AGNES
bekannt, fegt am heutigen Mittwoch und in der kommenden Nacht über
Irland und Schottland hinweg.

Besonders im Süden Irlands kommt es dabei heute verbreitet zu Sturm-
und schweren Sturmböen, im dortigen Küstenumfeld auch zu Orkanböen.
Zwischen 10 und 11 Uhr verzeichnete die Station Sherkin Island an der
Südwestspitze Irlands eine orkanartige Böe mit 112 km/h. In der
darauffolgenden Stunde meldete dieselbe Station mit 94 km/h und etwas
weiter östlich Roches Point mit 104 km/h jeweils eine schwere
Sturmböe als höchste aufgetretene Windgeschwindigkeit.

In der Folge muss an den Küsten mit zum Teil meterhohen Wellen
gerechnet werden. Im Binnenland sind unter anderem umgestürzte Bäume
zu erwarten, da diese derzeit noch voll belaubt sind und dem Wind
daher eine große Angriffsfläche bieten. Sehr stürmisch wird es dann
zum Abend hin auch besonders an der Westküste der britischen
Hauptinsel und im dortigen Bergland, wenngleich das Tief beginnt,
sich aufzufüllen und der Wind daher langsam schwächer wird.

Am Donnerstag liegt KILIAN dann bereits über dem Europäischen
Nordmeer, vor allem von Irland bis nach Nordengland und Schottland
bleibt es aber stürmisch. Denn die Region verbleibt an der
Südostflanke des nordostatlantischen Tiefdruckkomplexes, in dem sich
auch KILIAN bewegt.

Springen wir von West- nach Südosteuropa, genaugenommen nach
Griechenland: Dort ist weniger der Wind als vielmehr unwetterartige
Regenfälle gerade Thema - schon wieder... Vergangenen Sonntag konnte
sich über dem zentralen Mittelmeerraum ein vor allem in höheren
Luftschichten ausgeprägtes Tief aus der großräumigen Zirkulation
lösen und bis heute ins Seegebiet zwischen Griechenland und Libyen
ziehen. Von den damit verbundenen heftigen Starkregenfällen sind
dieses Mal erneut vor allem Mittelgriechenland und der Norden und
Osten der Halbinsel Peloponnes betroffen, Thessalien dagegen wohl
nicht. Der griechische Wetterdienst rechnet bis in die Nacht zum
Freitag in diesen Regionen gebietsweise mit 150 bis 300 l/qm
innerhalb von knapp zwei Tagen (ausgehend von heute früh 2 Uhr MESZ).


Lokal dürfte es aber noch ein ganzes Stück mehr werden. Im Norden der
Insel Euböa wurden heute bereits bis zu 235,6 l/qm in rund 12 Stunden
gemessen!
Damit sind Überschwemmungen und Erdrutsche leider vorprogrammiert und
wurde teilweise auch schon gemeldet. Auch am Freitag muss zwar
weiterhin mit Schauern und Gewittern gerechnet werden, die dann aber
eher lokaler Natur sein dürften, sodass sich die Lage - zumindest was
das Wetter angeht - entspannen sollte.

Da ist man dann doch sehr froh um das sehr ruhige Wetter bei uns in
Deutschland. Hoch ROSI verabschiedet sich zwar am Freitag, sodass
Tiefausläufer vorübergehend einige Regenwolken über Deutschland
hinwegziehen lassen. Mit Blick Richtung Britische Inseln oder
Griechenland ist das aber alles andere als erwähnenswert. Da



Dipl.-Met. Tobias Reinartz
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 27.09.2023

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst



Wetter aktuell
Die komplexe Vorhersage von Tornados

Tornados gehören zu den beeindruckendsten, aber gleichzeitig auch
verheerendsten Wetterphänomenen weltweit. Doch wie gestaltet sich die
Vorhersage von diesem Extremereignis und welche Schwierigkeiten
treten dabei momentan noch auf? Auf diese Fragen werden wir im
heutigen Thema des Tages eingehen.

Am letzten Donnerstag richtete in der Eifel ein Tornado kleinräumig
extreme Schäden an. Dabei handelte es sich nach der internationalen
Fujita-Skala (ESSL) um einen IF 2.5 Tornado mit Windgeschwindigkeiten
von rund 250 km/h. Diese extremen Winde führten vor allem im Ort
Nusbaum zu abgedeckten Dächern, beschädigten Fassaden und
umgestürzten Bäumen. Gerade aufgrund der hohen Schadensträchtigkeit
solcher Ereignisse wäre eine genaue Prognose sehr wichtig. Aufgrund
ihrer Kurzlebigkeit und der sehr geringen räumlichen Ausdehnung
gestaltet sich die Vorhersage allerdings alles andere als einfach.

Starke Tornados treten meistens in Verbindung mit kräftigen Gewittern
auf. Dabei benötigt es verschiedene Zutaten, damit zunächst einmal
die Grundvoraussetzungen für ihre Entstehung gegeben sind. Eine
feuchtwarme, energiereiche Luftmasse und einen Hebungsantrieb,
beispielsweise durch einen herannahenden Trog, sind förderlich bei
der Entstehung von Gewitterzellen. Zudem ist die vertikale
Windscherung ein notwendiger Faktor, damit sich diese besser
organisieren können. Dabei handelt es sich um die Geschwindigkeits-
und Richtungsänderung des Windes mit der Höhe. Ist diese sehr hoch
und liegt eine relativ labil geschichtete Atmosphäre vor, können sich
Superzellen ausbilden, im Zuge derer die meisten stärkeren Tornados
entstehen. Superzellen sind besonders langlebige, rotierende
Gewitterzellen, bei denen neben möglichen Tornados auch großer Hagel,
heftiger Starkregen und orkanartige Fallböen auftreten können.
Entscheidend für ein erhöhtes Tornadopotential ist allerdings die
Scherung in den unteren Schichten der Atmosphäre. Dabei wird die
Windänderung zwischen 0 und 1 km betrachtet. Außerdem ist eine
niedrige Wolkenbasis hilfreich bei der Entwicklung von Tornados, die
häufig aufgrund von einem vorausgehenden Niederschlagsgebiet mit
entsprechender Anfeuchtung der Grundschicht entsteht. Dies war auch
bei dem Eifel-Tornado vom vergangenen Donnerstag gegeben.

Alle diese Zutaten werden bei der Vorhersage betrachtet um daraus
eine Potenzialabschätzung durchzuführen. Somit ist es möglich im
Voraus größere Regionen zu bestimmen, in denen eine Tornadogefahr
vorhanden ist. Eine ortsgenaue Prognose ist aber, wenn überhaupt, nur
sehr kurzfristig machbar. Zur kurzfristigen Vorhersage stehen dem
Warnmeteorologen verschiedene Tools zur Verfügung. Zum einen lassen
sich anhand der Radarsignale verdächtige Strukturen erkennen. Ein
Beispiel hierfür ist das charakteristische "Haken Echo" in Verbindung
mit einer Superzelle. Zum anderen lassen sich rotierende Zellen
anhand des Doppler-Radars identifizieren. Dabei werden mithilfe des
Dopplereffektes die horizontalen Geschwindigkeiten der
Niederschlagspartikel bestimmt. Somit lassen sich Superzellen mit
rotierenden Aufwinden erkennen. Allerdings produziert nur ein kleiner
Teil der rotierenden Superzellen auch einen Tornado. Da die Tornados
selbst in den Radarbildern nur sehr selten eindeutig zu
identifizieren sind, sind zusätzlich zu den technischen Hilfsmitteln
auch Nutzermeldungen über die Warn-Wetter App, sowie Meldungen von
Gewitterjägern für unsere Arbeit unerlässlich.

Auch das Warnmanagement bezüglich dieses kleinräumigen Phänomens
erfordert Fingerspitzengefühl, da selbst eine kleinräumige
Gemeindewarnungen schnell zur Überwarnung führen kann. Die Schneise
des Tornados beträgt nämlich meist nur wenige hundert Meter, sodass
große Teile des Gebietes vom Tornado unbeeinflusst bleiben.

Am vergangenen Donnerstag zog in Verbindung mit einer von Westen
herannahenden Kaltfront eine Gewitterlinie von Frankreich heran.
Unter günstigen Bedingungen waren dabei innerhalb mehrerer
Gewitterzellen vor allem in unteren Schichten Rotationsstrukturen
erkennbar. An der Linie bildete sich an der südlichen Zelle
anschließend ein kurzlebiger Tornado aus, der lokal eng begrenzt für
schwere Schäden sorgte. Dieser Fall gestaltete sich warntechnisch als
besonders schwierig, da es sich hierbei nicht um eine klassische,
isolierte Superzelle mit typischem "Haken Echo" im Radarbild
handelte, sondern um eine in die Linie eingebettete rotierende Zelle.


Vor allem bei besonders kurzlebigen Tornados, die nicht durch
klassische Strukturen mithilfe moderner Fernerkundungssysteme
erkennbar sind, ist eine ortsgenaue Warnung somit bisher leider noch
äußerst schwierig.


M.Sc. Meteorologe Nico Bauer
Deutscher Wetterdienst
Vorhersage- und Beratungszentrale
Offenbach, den 26.09.2023

Copyright (c) Deutscher Wetterdienst





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